Peter Pacult muss man irgendwo gratulieren. Der Mann hat Rapid als Rekordmeister (Fragezeichen dahinter hin oder her) aber sicher nicht als Titelaspiranten übernommen, Vorgänger Zellhofer hatte die Mannschaft zuvor recht selbstsicher ins Mittelfeld manövriert. Heute spielt Rapid nicht wirklich gut, aber immerhin um den zweiten Platz.

Kritik an Pacult wird trotzdem erlaubt sein. Menschlich scheint er seinen Spielern gegenüber ab und an zu versagen, taktisch greift er zuweilen in die Kloschüssel. Seine Person ist für mich, als Blogger, eher nebensächlich – die soll meinetwegen ein Hobby-Psychologe analysieren. Ich kann nur den taktischen Aspekt beachten – und selbst den nur teilweise, alles sieht auch ein Blogger nicht.

Die folgenden Absätze behandeln die Rotation gegen schwächere Gegner im Spielsystem von Rapid Wien.
Sofern jeder fit, spielt Pacult sehr gerne mit einem 4-2-2-2. 4-2-2-2 heißt Doppelsechs und Doppelsechs heißt für eine Spitzenmannschaft (Maßstab natürlich die heimische Liga), dass einer der beiden Flügelspieler bei eigenen Angriffen in die Spielmacherrolle schlüpfen muss. Bei Rapid erledigt das Hofmann, Hofmann erledigt das bei Rapid gut. Wie solch ein 4-2-2-2 funktionieren kann, demonstriert uns zum Beispiel Bayer04 Leverkusen: Toni Kroos wird bei Ballbesitz Leverkusens zum Spielmacher, Castro übernimmt dessen Position im rechten Mittelfeld – wenn man’s kann, klappt das prima, die rechte Seite bleibt besetzt.

Rapid kann es, weil auf der Rechtsverteidiger-Position nicht wirklich gut besetzt, halt nicht. Dober klebt entweder auf seiner Position, oder nimmt sich durch technische Unzulänglichkeiten jede Chance auf einen gelungenen Vorstoß. Schnell ist der rechte Flügel daher unterbesetzt, 30 Meter Kombinationsfreiraum gehen sinnlos verloren. Deshalb fällt es Mannschaften wie dem LASK oft sehr leicht, die Räume gegen Rapid eng und Angriffe der Hütteldorfer wirkungslos werden zu lassen.

Trotzdem beharrt Pacult auf seiner Art zu spielen, er will scheinbar nicht lernen. Freilich entscheidet diese taktische Fehlplanung nicht über Meister und Nicht-Meister, Spiele wie jenes gegen den LASK macht man sich so aber unnötig schwer.

Genug der leeren Worte, man kann den Prozess auch veranschaulichen:

1. Papierform

Hedl
Dober – Eder – Soma – Katzer
Heikkinen – Pehlivan
Hofmann________________Kavlak
Trimmel – Jelavic

Soweit so Doppelsechs.

2. Herausspielen

Hedl
Dober – Eder – Soma – Katzer
Heikkinen – Pehlivan
Hofmann – Trimmel – Kavlak
Jelavic

Trimmel oder Jelavic lassen sich hängen und helfen dem zentralen Mittelfeld

3. Spielaufbau

Hedl
Dober – Eder – Soma – Katzer
Heikkinen – Pehlivan
__________Hofmann____Kavlak
Trimmel – Jelavic

Hofmann rückt ins zentrale Mittelfeld, zieht die Fäden im Spiel der Hütteldorfer

4. Chancenerarbeitung/Torabschluss

Hedl
___Eder – Soma – Katzer
Dober__Pehlivan – Heikkinen
_________Hofmann_____Kavlak
_____Trimmel – Jelavic

Dober sollte nachrücken, sollte Druck machen und sollte die rechte Seite im Besitz der Grün-Weißen halten

Schaut gut aus, ist auch gut. Nur bräuchte man einen starken RV, sonst nimmt man sich – wie bereits erwähnt – den Raum zum Kombinieren. Auch diesen Zustand kann man kreativ ausdrücken – man ersetze einfach den Namen Dober durch fünf Unterstriche:

Hedl
___Eder – Soma – Katzer
_______Pehlivan – Heikkinen
_________Hofmann_____Kavlak
_____Trimmel – Jelavic

Zugegeben handelt es sich hier um eine übertriebene Darstellung, Dober befindet sich schon auf dem Platz – faktisch kommt es dem Dilemma der Rapidler aber sehr nahe, der fehlende Raum für die Chancenerarbeitung lässt sich sehr schön herauslesen.

Soviel zu Rapid Wien, weiter zum Konkurrenten und damit zu einem Beispiel für gesunde Rotation.

Huub Stevens muss man sowieso gratulieren. Anfangs noch als grauslicher Defensivapostel verspottet, nach dem Ausscheiden gegen Haifa verteufelt, rockte seine Mannschaft die Europa-League und fährt geradewegs Richtung Meistertitel. Stevens‘ System greift mittlerweile, die Laufwege sitzen und der Spielaufbau floriert förmlich. Auch in Sachen Rotieren ist der Tabellenführer dem Vize-Tabellenführer überlegen:

Auch wenn man es bei 19 nicht verlorenen Spielen in Serie nicht glauben mag, gab es im Laufe der Saison 2009/10 auch schwere und teilweise recht bittere Spiele für die Bullen. Entweder gerät man in Rückstand wenn man nicht in Rückstand geraten darf oder man tut sich gegen eine Menschenmauer schwer – jedesmal wenn einer der beiden Fälle eintritt, ändern die Salzburger ihre taktische Ausrichtung.

Das „Problem“ ist Dusan Svento. Ein genialer Spieler wenn er den Raum hat, aber auch schnell mal ein Totalausfall wenn der Gegner die Räume dicht macht. Dann muss man Svento zur Hand gehen, ihm einen durchschlagskräftigen Spieler zur Seite stellen – im Falle RBS Somen Tchoyi:

1. Papierform

Gustafsson
Schwegler – Afolabi – Sekagya – Ulmer
Schiemer
Cziommer – Leitgeb
Tchoyi________________Svento
Janko

Soweit so 4-1-4-1.

2. Herausspielen

Gustafsson
Afolabi – Sekagya
Schwegler – Schiemer – Ulmer
Cziommer – Leitgeb
___________Tchoyi_____Svento
Janko

Tchoyi zieht zur Mitte, ist dort aber nicht am Spiel beteiligt, sondern spaziert mehr oder weniger umher

3. Spielaufbau

Gustafsson
Afolabi – Sekagya
Schwegler____Schiemer____Ulmer
Cziommer – Leitgeb__Svento
____________________Tchoyi
Janko

Tchoyi plötzlich auf links. Direkt vor Svento, der offensiv keinen Auftrag mehr hat

4. Chancenerarbeitung/Torabschluss

Gustafsson
Afolabi – Schiemer – Sekagya
Schwegler________________Ulmer
____Leitgeb_____Svento
_________Cziommer____Tchoyi
Janko

Schwelger spielt fast schon einen RM, Ulmer in der Regel etwas zurück gezogener. Leitgeb verteilt die Bälle, Svento hält sich nobel zurück. Für den Torerfolg sollen Simon Cziommer, derweil zum 10er avanciert, LM Somen Tchoyi und Solo-Spitze Marc Janko sorgen. Damit hinten nix anbrennt, gesellt sich Schiemer zwischen Afolabi und Sekagya.

Artikel stammt vom: 15. April 2010 – 20:44 Uhr